Genitalverstümmelung: Scharfe Kritik an Gesetzesentwürfen von Bundesrat und SPD: Milde Strafen sollen die Täter vor Abschiebung schützen

Genitalverstümmelung an Mädchen: SPD will Strafmaß weiter herabsetzen*…
9. April 2013
Bundestagsanhörung zu Genitalverstümmelung: TaskForce begrüßt die mehrheitliche Ablehnung der Gesetzesentwürfe
1. Mai 2013

Mit geringem Mindeststrafmaß wollen Bundesrat und SPD Verstümmelungstäter vor Abschiebung schützen

Mit geringem Mindeststrafmaß wollen Bundesrat und SPD Verstümmelungstäter vor Abschiebung schützen

 Hamburg, den 24. April 2013: Der Rechtsausschuss des Bundestages führt heute eine öffentliche Anhörung zur Änderung des Strafrechts für den Tatbestand „Genitalverstümmelung an Mädchen“ durch. Dort sollen die Gesetzesentwürfe von Bundesrat (Drucksache 867/09), Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 17/4759) und der SPD (Drucksache 17/12374) erörtert werden.

Die TaskForce nimmt die Anhörung zum Anlass, noch einmal scharfe Kritik besonders an den Plänen des Bundesrates und der SPD zu üben, da es dabei keineswegs um eine angemessene Ächtung des Verbrechens Genitalverstümmelung geht, sondern um die Schaffung eines Sonderstatus für die Täter, um sie vor möglicher Abschiebung zu schützen:

So will der Bundesrat ein Mindeststrafmaß von lediglich zwei Jahren durchsetzen, da eine höhere Verurteilung ausländischer Verstümmelungs-Täter/Anstifter deren Ausweisung (§53 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz) bedinge. Dies wollen die Politiker verhindern, obwohl FDP-Minister Uwe Hahn (Co-Initiator des Bundesrats-Entwurfes) zugibt, dass „dies auf Grund der Schwere der Straftat angemessen erscheinen mag.

Die SPD will das Eingangsstrafmaß sogar auf ein Jahr herabsetzen, ebenfalls mit der Intention, die Täter mit dieser milden Strafe vor einer Abschiebung zu bewahren. „Bei einem Strafrahmen von zwei bis 15 Jahren ist ein Strafausspruch von drei Jahren schnell erreicht, sodass auch der Vorschlag des Bundesrates…die zwingende oder Regelausweisung der Eltern zur Folge hätte…“

Daher will die SPD die Genitalverstümmelung auch nicht als „schwere Körperverletzung“ (§226 StGB) einstufen, sondern lediglich als – strafrechtlich geringer bewertete – gefährliche Körperverletzung nach (§224 StGB).

„ Insbesondere der Gesetzesentwurf der SPD ist sicher geeignet, die Position und Interessen der Verstümmelungstäter (z.B. durch Schutz vor Abschiebung) zu stärken, doch dient er keineswegs den Opfern oder der wirksamen Ächtung und Bekämpfung der auch in Deutschland weit verbreiteten Verstümmelungsgewalt,“ resümiert Ines Laufer, Vorstandsvorsitzende der TaskForce .

Die TaskForce hat die deutsche Rechtslage im Zusammenhang mit Genitalverstümmelungen sorgfältig analysiert und festgestellt, dass die bisherige Konzentration der Politiker auf das Strafrecht von den tatsächlichen Hinderungsgründen für die Repression der Täter ablenkt und die Opfer schutzlos den Verstümmelungen ausliefert. Denn die bislang völlig ausbleibenden Strafverfahren sind keineswegs Unklarheiten im Strafrecht geschuldet, sondern den rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Strafverfolgung der Verstümmelungstaten verhindern.

Insbesondere die ärztliche Schweigepflicht führt zu staatlichem Täterschutz, da Ärzte, die Genitalverstümmelungen an minderjährigen Mädchen feststellen, keine Anzeige erstatten dürfen und auch dann keine Meldung an die Behörden geben müssen, wenn Sie Kenntnis von einer bevorstehenden Gefährdung erhalten. Doch seit Jahren lehnen Bundesregierung und Parlamentarier es ab, sich mit der Änderung dieser Situation zu befassen.

Um  die bis zu 50.000 gefährdeten Mädchen in Deutschland endlich wirksam zu schützen, müssen Maßnahmen umgesetzt werden, die der Systematik der Genitalverstümmelung gerecht werden, z.B. die Einführung der ärztlichen Meldepflicht, kombiniert mit einer Untersuchungspflicht, sowie die Durchsetzung familienrechtlicher Maßnahmen für alle gefährdeten Mädchen, um die Taten in den Herkunftsländern der Eltern zu unterbinden.

Relevante Artikel und Veröffentlichungen der TaskForce zu den Gesetzesinitiativen und parlamentarischen Ergebnissen:

Kritik an Gesetzesinitiative zu eigenem Straftatbestand Genitalverstümmelung (2009)

Keine Änderungen im Strafrecht bitte! (2009)

Bundesratsinitiative will Mindeststrafe für Genitalverstümmelung herabsetzen (2010)

Neuer Straftatbestand „Genitalverstümmelung“ ist Volksbetrug – und Betrug an den Opfern (2010)

Bundesrat will Genitalverstümmelung nicht völlig verbieten (2010)

Bundestag soll Strafrechtsänderung zu “Genitalverstümmelung” ablehnen! (2010)

Genitalverstümmelung an Mädchen in Deutschland: Gesetzesantrag von Bündnis90/Die Grünen entpuppt sich als Mogelpackung (2012)

Genitalverstümmelung: Seit 16 Jahren Thema im Bundestag – und immer noch “grünes Licht” für die Täter … (2011-2013)

Foto (c) iStockphoto

4 Comments

  1. […] TaskForce hatte bereits im Vorfeld scharfe Kritik an einzelnen Entwürfen geübt und begrüßt daher die mehrheitliche Ablehnung dieser Pläne durch die Sachverständigen […]

  2. […] um die Täter vor eventueller Abschiebung zu bewahren, wie die Gesetzesanträge des Bundesrates und der SPD […]

  3. […] der Täter gestärkt: Denn das Eingangsstrafmaß wurde absichtlich so niedrig angesetzt, dass die Verstümmelungstäter vor einer möglichen Abschiebung geschützt werden. Außerdem hatten in der Debatte um dieses Gesetz Politiker wie Siegfried Kauder (CDU) sogar […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert