Hamburg, den 03.02.2011. Die TaskForce begrüßt das Bekenntnis des Hamburger Senators für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, Dietrich Wersich, für einen verbesserten Opferschutz beim Thema Genitalverstümmelung, das er im Vorfeld des Internationalen Tages „Null Toleranz gegenüber Genitalverstümmelung“ abgab.
Die Erfahrung im Umgang Hamburger Behörden mit dieser Problematik zeigt, dass eine Nachbesserung dringend nötig ist: Denn weder können bislang akut gefährdete Mädchen im Einzelfall auf die Kinderschutzbehörden zählen, noch gibt es in der Hansestadt geeignete Maßnahmen zum Schutz der gesamten Risikogruppe von rund 1.000 minderjährigen Mädchen.
So unterließ z.B. das Jugendamt Hamburg-Nord Ende 2007, familienrechtliche Maßnahmen zum Schutz eines 2-jährigen Mädchens vor der Genitalverstümmelung in Gambia einzuleiten. Das Amt beurteilte die Gefahr, die sich für das Mädchen durch den Aufenthalt in einem Land ergeben, in dem 90% der Frauen von dieser schweren Gewalt betroffen sind und kein gesetzliches Verbot und seine Durchsetzung sie schützen, schlicht als spekulativ.
Das Jugendamt Hamburg-Mitte wollte 2009 keinen Schutz für ein neugeborenes Mädchen gambischer Eltern veranlassen, obwohl die Mutter gegenüber Dritten die Verstümmelung bereits angekündigt hatte. Weil die Kindesmutter gegenüber dem Jugendamt versicherte, dass sie diese Tat nicht plane, sah man keine Gefahr für das Kind. Das von der TaskForce eingeschaltete Familiengericht teilte diese Einschätzung nicht und bewahrte das Baby vor der Verstümmelung in Gambia durch Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts.
Dass Behörden zögerlich oder gar nicht handeln, beruht also häufig nicht auf einem Mangel an Informationen zu Genitalverstümmelung oder den rechtlichen Möglichkeiten, sondern auf einer systematischen Unterschätzung der Täter und der tatsächlichen Gefährdungssituation.
Die gesamte Dokumentation zu Genitalverstümmelungen in Hamburg finden Sie hier
Vor diesem Hintergrund weist die Absicht von Senator Wersich in die richtige Richtung. Der Hamburger Senat ist jetzt gefordert, den gefährdeten Mädchen umfassenden Schutz zu gewähren und gleichzeitig die Weichen für konsequente Strafverfolgung der Täter zu stellen.
Es sollten neue Strategien diskutiert werden, wie die Einführung der ärztlichen Meldepflicht kombiniert mit einer Untersuchungspflicht. Um alle gefährdeten Mädchen vor der Tat in den Herkunftsländern der Eltern zu beschützen, sind familienrechtliche Maßnahmen sinnvoll, wie der Beschluss des BGH aus 2004, XII ZB 166/03) zeigt.
Kontakt:
TaskForce für effektive Prävention von Genitalverstümmelung e.V.
Simone Schwarz, Pressesprecherin
Telefon: 01803 – 767 346 (9 ct/min aus dem dtsch. Festnetz, Mobil max. 42 ct/min)
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