Für einen Sturm der Entrüstung sorgten bei unseren britischen Nachbarn am Wochenende die Enthüllungen der Sunday Times über die Bereitschaft mehrerer somalischer Mediziner, an minderjährigen, in Großbritannien lebenden Mädchen Genitalverstümmelungen zu verüben.
Dem Fernsehsender SkyNews gegenüber präsentierte sich Omar Sheikh Mohamed Addow – Zahnarzt aus Birmingham – als Gegner der Verstümmelungen:
„I have not referred anyone for this treatment. I am a dentist. I am aware of female genital mutilation and have campaigned against it.“
Doch das Investigativ-Team um Eleanor Mills und Mazher Mahmood (1) hatte ihn zuvor gefilmt, wie er sich bereit erklärte, zwei minderjährigen Mädchen (10 und 13 J.) die Klitoris mit einer Nadel zu durchstechen und dann abzuschneiden:
He „was filmed describing how the clitoris could be pierced with a needle and then clamped. „Once they won’t feel anything, then you cut with scissors. It will bleed. Then you take the stitches. You close.“
Ein anderer Zahnarzt, Ali Mao Aweys, empfahl dem Interessenten, die Tat lieber im Ausland (Afrika) zu begehen, bot sich jedoch als Helfer für die „Nachbehandlung“ an:
„Yes it must have (sic) confidential. But I think it’s better if you go to Africa, and then do, and then stay for 14 days, and then I give you some medication you can take and then give them.“
Ein dritter Mediziner, Mohammad Sahib, erklärte sich sofort bereit, für £750 die Genitalien der fiktiven Mädchen zu verstümmeln und zuzunähen…
Obwohl Großbritannien eines der ersten europäischen Länder war, das Genitalverstümmelungen explizit unter Strafe stellte (1985), werden in England nach Schätzungen der British Medical Association 3.000 Mädchen verstümmelt. Jedes Jahr!
Doch bis heute wurden keine Täter festgenommen und verurteilt.
Einer der Hauptgründe für die völlig fehlende Strafverfolgung dürfte die bewusste Zurückhaltung der britischen Polizei sein, aus Rücksicht auf „kulturelle Empfindlichkeiten“ mit aller Härte gegen die Anstifter und Täter vorzugehen.
So erklärte Jason Morgan vom Metropolitan Police Department / Scotland Yard noch 2010 im Guardian: „…wir wollen die Communities (Anm.: die Täterkollektive) nicht vor den Kopf stoßen, indem wir hart durchgreifen…“
Seine Kollegin Clare Chelsom hatte 2008 verkündet, die Polizei sei „weniger an den anstiftenden Familien interessiert als an jenen, die mit den Verstümmelungen Geld verdienen“ – schließlich „könne man Genitalverstümmelungen als „Akt der Liebe“ verstehen“!
Waris Dirie bringt die dahinter stehende Haltung als Rassismus auf den Punkt:
„If a white girl is abused, the police come break down the door. If a black girl is mutilated, nobody takes care of her. This is what I call racism.“
Doch der Unmut gegen diese Politik des Wegsehens und Nicht-Eingreifens wächst.
London’s stellvertretender Bürgermeister Kit Malthouse ermahnt in dem Bericht der Sunday Times, endlich alle Kräfte zu mobilisieren, um die Täter der Bestrafung zuzuführen:
„If hundreds of young girls were appearing in London with their little fingers snipped off, government, police and society would mobilise all to catch, convict and imprison the perpetrators.
We must now do the same for FGM – even if that means paying less attention to so-called cultural sensitivities“
Wie ernst dies gemeint ist, wird sich schon mal daran messen lassen, mit welchen (straf- und berufsrechtlichen) Konsequenzen die drei somalischen Mediziner zu rechnen haben werden…
(1) Mazher Mahmood ist ein vielfach ausgezeichneter Investigativreporter, der schon in zahlreichen Fällen für die erfolgreiche Strafverfolgung von Waffenhändlern, Drogenhändlern, Menschenhändlern und Pädokriminellen verantwortlich war.
Foto (c) Cover-Story Sunday Times, 22.04.2012
6 Comments
[…] Source: […]
Vielen Dank für den Bericht. Ich lese euer Blog wahrhaftig oft und
wurde kaum enttäuscht. Macht weiter so und bis in nächster Zeit!
Übrigens: Im Mozilla funktioniert taskforcefgm.de nicht so prall.
Kann man da dran was tun? Den Webbrowser nutzen doch irre viele Leser eurer WWW-Seiteoder bin ich der einzige Erdenbürger mit dem Dings???
Alles Liebe aus Hamel !
[…] Verbot der Verstümmelungen gibt – und es ist kein Geheimnis, dass sich dort auch schnell Ärzte zur Verübung der Tat finden […]
[…] April 2012 berichteten wir über mehrere somalische Mediziner, die sich bereit erklärt hatten, an minderjährigen, in […]
[…] Der Handlungsdruck auf die Regierung wächst in den letzten Jahren stetig, nachdem Ärzte mit erschreckender Selbstverständlichkeit angeboten hatten, Genitalverstümmelungen in briti…. […]
[…] informierten wir z.B. über afrikanische Ärzte in London, die anboten, für ein gutes Honorar Genitalverstümmelungen vorzunehmen, über 60 schwer verstümmelte Mädchen in Schweden – aber keine Strafanzeigen gegen die […]