Vorwort: In wenigen Tagen, am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen, werden – wie traditionell seit fast 20 Jahren – Politiker und Hilfsorganisationen mehr oder weniger ausführlich erwähnen, dass immer noch jedes Jahr rund 3 Millionen Mädchen dem „grausamen Akt der archaischen und schrecklichen Tradition“ (1) der Genitalverstümmelung unterworfen werden.
Für uns Anlass genug, um daran zu erinnern, dass auch in Deutschland bzw. Europa die Verstümmelungen unvermindert – an bis zu 80% der gefährdeten Mädchen – verübt werden und dass wir allein in Deutschland auf 15 Jahre aktive Duldungspolitik durch Parlamentarier und Regierung zurückblicken müssen.
Umso wichtiger ist es, ebenfalls daran zu erinnern, dass die Präsenz von weiblicher Genitalverstümmelung als Massenphänomen in westlichen Ländern kein „Schicksal“ oder Zufall ist und auch keine zwangsläufige Folge von Immigration. (2)
Sie ist vielmehr das Ergebnis fortgesetzten kollektiven Fehlverhaltens der westlichen Gesellschaften im Umgang mit Genitalverstümmelung und den Tätern als Folge einer massiv verfehlten Einstellung und Geisteshaltung.
Oder anders gesagt: Es ist allein der Art und Weise geschuldet, wie Genitalverstümmelung im Westen bislang bewertet und behandelt wird, dass diese Gewalt perpetuiert und weiter angekurbelt wird.
Diverse Manifestationen dieses Fehlverhaltens sowie Ursachen und Wirkungen haben wir bereits in der Vergangenheit immer wieder thematisiert und werden sie in den kommenden Beiträgen noch einmal zusammenfassen und kritisch vertiefen und begründen, warum ihre Überwindung für die Beendigung der Verstümmelungsgewalt essentiell ist. Es wird dabei um Verharmlosung, Rassismus & Diskriminierung, falschen Respekt uvm. gehen.
(1) Entwicklungsminister Dirk Niebel in einer Pressemeldung zum 25.11.2009
(2) Die Beendigung von Genitalverstümmelungen und wirksamer Schutz der potentiellen Opfer ist weder in den Verstümmelungskulturen selbst noch im Westen naturgemäß ein langwieriger Prozess, der „viel Geduld erfordert“, wie westliche Organisationen gern als Schutzbehauptung für ihre Untätigkeit oder wirkungslosen weil verfehlten Strategien anführen.
Im Gegenteil: Ein Blick auf die Geschichte von Kollektivverbrechen mit identischer Systematik und dem Ziel, die weiblichen Mitglieder einer Gesellschaft unter dem Deckmantel der Tradition durch systematische körperliche Schädigung zu unterwerfen – wie z.B. die jahrhundertelangen Füßeverstümmelungen in China – zeigt, wie einfach, nachhaltig und in kürzester Zeit solche Verbrechen überwunden werden können, sobald um ihre Verübung nicht mehr mit den Tätern verhandelt sondern konsequent geächtet und bestraft wird.