Seit mehr als drei Jahrzehnten steht die Genitalverstümmelung an Mädchen mal mehr mal weniger im Fokus des öffentlichen Interesses und wird i.d.R. als „afrikanisches Problem“ beschrieben. Entsprechend erschöpfen sich die meisten Veröffentlichungen der geschätzten Anzahl Betroffener und potentieller Opfer mit dem Blick auf die afrikanischen Länder, in denen diese Gewalt verübt wird.
Doch spätestens seit die Organisation WADI e.V. im Jahr 2004 die epidemische Verbreitung der Verstümmelungspraxis in Kurdistan/Irak aufdeckte und fundiert belegte, verschwinden von der Weltkarte die vormals weißen Flecken und bringen eine erschütternde Realität zum Vorschein: In fast allen arabischen und vielen asiatischen Ländern ist die Genitalverstümmelung an Mädchen weit verbreitet und steht dort fast immer in direktem Zusammenhang mit dem Islam, z.B. in Iran, Jordanien, Kuwait, Oman, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Jemen, Pakistan, auf den Malediven, in Indonesien und Malaysia.
Vor diesem Hintergrund mag es zunächst fortschrittlich erscheinen, dass der Verein Terre des Femmes aktuell von der UN eine bessere Dokumentation und Korrektur der Zahlen über Betroffene und Gefährdete fordert, „damit die tatsächliche Bedrohungslage – auch für Mädchen in Deutschland – deutlich wird…und der notwendige Handlungsdruck entstehe“.
Doch sollte dieser Verein erst einmal „vor der eigenen Tür kehren“, denn
Es schon fast etwas Possenhaftes, wenn der Verein von der UNO die
Berücksichtigung der asiatischen Verstümmelungsopfer fordert – und gleichzeitig diese Opfer selbst ignoriert, wider besseren Wissens.
So fehlen in der von Terre des Femmes verbreiteten „Statistik“ sämtliche potentielle Opfer aus asiatischen Risikoländern wie Indonesien und Malaysia oder Betroffene aus arabischen Ländern wie Jemen, Oman, VAE usw.
Terre des Femmes wurde schon vor Jahren auf diese Fehler hingewiesen und zu deren Korrektur aufgefordert – mit Verweis auf die fatalen Folgen dieser verfälschten, um insgesamt 90% zu niedrigen Zahlen (denn obwohl in Deutschland bis zu 50.000 minderjährige Mädchen als bedroht gelten müssen, behauptet Terre des Femmes, es seien nur 5.000) – doch der Verein zeigt sich beratungsresistent.
Angesichts dieser Tatsache erscheint der Vorstoß von Terre des Femmes ebenso unglaubwürdig wie scheinheilig und manifestiert erneut eine Politik, die an den tatsächlichen Interessen der Opfer – wie Schutz und messbare Hilfe – vorbeigeht.
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Fotos: (c) Flickr/WorldBank, ScreenShot TDF