Am heutigen 06. Februar – dem „Internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung“ – wird wie jedes Jahr an diese schwere Misshandlung von Mädchen erinnert. Denn noch immer werden jedes Jahr mehr als drei Millionen weibliche Kinder Opfer der Genitalverstümmelung – vor allem in afrikanischen Ländern, aber auch in arabischen und asiatischen Ländern wie Irak, Jemen, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Indonesien und Malaysia.
In Deutschland gelten bis zu 50.000 minderjährige Mädchen als akut gefährdet. Besonders in den Hochrisikogruppen (z.B. aus den Herkunftsländern Somalia, Äthiopien, Ägypten, Sierra Leone, Mali, Gambia u.v.m.) werden bis zu 80% der Mädchen tatsächlich der Verstümmelung unterworfen, meist während „Ferienreisen“ in das Heimatland der Eltern.
Dabei handeln Täter, die ihre Töchter verstümmeln lassen, keineswegs aus Unwissenheit sondern sind sowohl über die schweren Folgen für die Opfer informiert als auch über die Rechtslage in Europa/Deutschland und wissen über entsprechende Verbote i.d.R. bestens Bescheid, wie Studien zeigen. Genitalverstümmelungen sind vielmehr Ausdruck eines allgemein gewalttätigen und lieblosen Familienumfeldes, in dem es um Kontrolle und Unterordnung geht.
Die gefährdeten Kinder sind auf besonderen Schutz durch Staat und Gesellschaft angewiesen – doch bislang werden gerade in der Politik die falschen Signale gesetzt:
So hat der Bundesrat im Jahr 2013 einem Gesetzesentwurf von FDP und CDU/CSU zugestimmt, mit dem die Genitalverstümmelung an Mädchen explizit als Straftatbestand im §226 StGB verankert wurde. Doch ging es nicht etwa darum, eine Möglichkeit zu schaffen, um Genitalverstümmelungen mit aller Härte ächten zu können sondern um die Einführung eines niedrigen Mindeststrafmaßes von einem Jahr, um für die Täter Bewährungsstrafen zu ermöglichen und sie vor eventueller Abschiebung zu schützen. Ärzte, die ein Kind als Genitalverstümmelungsopfer identifizieren, dürfen nach wie vor keine Anzeige erstatten und sind, wenn sie den Verdacht oder Kenntnis über eine geplante Tat haben, zu keiner Meldung verpflichtet.
Umso mehr freuen wir uns über die Erfolge unseres Notrufprojektes SOS FGM, über das in konkreten Fällen Schutz- und Hilfsmaßnahmen für gefährdete oder betroffene Mädchen eingeleitet werden. Dabei wird jeder Einzelfall begleitet, bis sicherer Schutz für die jeweiligen Mädchen nachgewiesen werden kann (z.B. durch die gerichtliche Festlegung familienrechtlicher Maßnahmen). Wir arbeiten eng mit Jugendämtern und Behörden zusammen, die von Amts wegen für die Umsetzung der Schutzmaßnahmen zuständig sind und beraten die Fachkräfte bei Verdachtsfällen.
Wenngleich die Sensibilität für dieses spezifische Problem sowohl in der Bevölkerung als auch bei Fachleuten enorm gewachsen ist und einzelne Mädchen tatsächlich geschützt werden können, steht nach wie vor die politische Aufgabe im Raum, die generellen Schutzlücken zu schließen und ALLEN gefährdeten Mädchen wirksamen Schutz zu gewähren, z.B. mit folgenden Maßnahmen:
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Das geht gar nicht
Keine Bewährung für die Täter!