Genitalverstümmelung und die Wirkungslosigkeit des „Passgesetzes“

Schon wieder: Gefahr der Genitalverstümmelung für zwei Mädchen in Hamburg, aber Jugendamt verweigert wirksamen Schutz
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Vor rund zwei Jahren feierte die damalige SPD-Familienministerin Manuela Schwesig die Änderung des Passgesetzes als „bedeutenden Schritt“, um junge Frauen besser vor der Verstümmelung ihrer Genitalien zu schützen. Denn Personen, die mit einem Mädchen ins Ausland reisen, um es der Genitalverstümmelung zu unterwerfen, drohte jetzt der Entzug des Passes.

Nun hat die FDP in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung herausgefunden: Die Gesetzesänderung ist absolut wirkungslos, denn sie wird gar nicht umgesetzt. Kein einziger Pass wurde entzogen.

Nicht nur wirkungslos, sondern geradezu absurd

Nun war dieses ernüchternde Fazit von Anfang an vorhersehbar, denn

  1. Das Gesetz betrifft ausschließlich Inhaber eines deutschen Passes, zu denen der Großteil der migrantischen Täter gar nicht gehört.
  2. Grundlage für den Entzug des Passes ist eine Tatabsicht, d.h. es müsste der jeweiligen Person nachgewiesen werden, die Reise zum Zweck der Verstümmelung anzutreten – was in der Praxis quasi unmöglich ist, da die Täter i.d.R. bestens über Strafbarkeit und mögliche Folgen informiert sind und die Planung ihrer Straftat gegenüber Dritten selbstverständlich nicht ankündigen.

Das neue Passgesetz wurde mithin in geradezu absurder Weise an der Realität vorbei konzipiert und war von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Unser aktueller Fall in Hamburg Harburg zeigt zudem eindringlich, dass selbst dann, wenn Eltern ausnahmsweise die Verstümmelung ihrer Töchter im Heimatland ankündigen, weder Jugendamt noch Amtsgericht adäquate Schutzmaßnahmen einleiten, um die Tat zu verhindern.

Niedriges Strafmaß und fehlende Meldepflicht: Politiker und Regierung perpetuieren das Problem und sabottieren wirksame Schutzmaßnahmen

Bereits vor Jahren musste die TaskForce die Zahl der in Deutschland lebenden, gefährdeten Mädchen auf bis zu 50.000 nach oben korrigieren. Ähnlich wie in unseren europäischen Nachbarländern müssen wir davon ausgehen, dass bis zu 80% der Mädchen – besonders aus den Hochrisikoländern Somalia, Äthiopien, Eritrea, Ägypten, Guinea, Gambia und Mali – tatsächlich Opfer der Verstümmelung werden, oft während sogenannter „Ferienreisen“.

Der enorm hohen Anzahl minderjähriger Verstümmelungsopfer steht die fehlende Strafverfolgung der Täter gegenüber: Obwohl auch in Deutschland ein eigener Straftatbestand „Genitalverstümmelung“ geschaffen wurde – mit einem absichtlich niedrigen Eingangsstrafmaß, damit die Täter nicht abgeschoben werden – bleiben die Täter, insbesondere die Anstifter (Familie) weitgehend ohne Strafe. Ursache dafür sind die fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Verstümmelungen lückenlos feststzustellen (durch Untersuchungspflicht) und an die Strafverfolgungsbehörden zu melden (durch ärztliche Meldepflicht).

So weigern sich die Bundestagsabgeordneten seit rund 10 Jahren, die Einführung einer ärztlichen Meldepflicht (bei drohender oder erfolgter Verstümmelung minderjähriger Mädchen) ernsthaft zu diskutieren oder gar umzusetzen.

Auch ignorieren sie die gängige Rechtsprechung, nach der bereits bei der bloßen Reiseabsicht in ein Risikoland eine Gefahr für minderjährige Mädchen eine Gefährdung zu bejahen ist und mit rechtlichen Maßnahmen (z.B. Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts) abzuwenden ist.

Wirksamer und messbarer Schutz für alle gefährdeten Mädchen ist möglich

Vor dem Hintergrund der folgenden drei Maßnahmen, mit denen umfassender, schneller und messbarer Schutz aller gefährdeten Mädchen erreicht werden könnte, erscheinen so wirkungslose Gesetze wie der o.g. drohende Pass-Entzug in einem noch schlechteren Licht – und drängen die Erkenntnis auf, dass sich Politiker und Regierung durch die Unterlassung dieser Maßnahmen mitschuldig machen an der Verstümmelung von Mädchen „vor unserer Haustür“:

Untersuchungspflicht, einschließlich regelmäßiger Überprüfung der genitalen Unversehrtheit (entweder nur für die Mädchen der genau bestimmbaren Risikogruppen oder für alle in Deutschland lebenden Kinder bis zum 18. Lebensjahr) kombiniert mit:

+ Gesetzlicher Meldepflicht (im Fall bereits verübter als auch bei Kenntnis bevorstehender Verstümmelungen);

+ Kollektive familienrechtliche Maßnahmen für alle 30.000 bis 50.000 minderjährigen Mädchen der Risikogruppe, um die Taten in den Herkunftsländern der Eltern effektiv zu unterbinden (in Anlehnung an den Beschluss des BGH aus 2004, XII ZB 166/03).

Kontakt für Hintergrundinformationen:

TaskForce für effektive Prävention von Genitalverstümmelung e.V., eMail: info@taskforcefgm.de, Telefon: 01803 – 767 346 (9 ct/min. aus dem dt. Festnetz, mobil max. 42 ct/min.)

Foto: (c) Shutterstock

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